Page 9 - ZSG Bordmagazin 2020 - Zürichsee Schifffahrt
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 Die «Stadt Zürich», das dienstälteste Schiff der Zürichsee-Schifffahrts- gesellschaft (ZSG), gehört zusammen mit der «Stadt Rapperswil»
zu den Aushängeschildern der Flotte. Dass die beiden dampfenden Damen heute noch in Betrieb sind, ist der «Aktion pro Raddampfer» (ApR) zu verdanken. 2020 feiert der Verein sein 50-Jahr-Jubiläum.
«Maschine vorwärts!», ertönt das Kommando des Kapitäns aus dem Sprachrohr. Begleitet vom Zischen und Stampfen der Dampfmaschine setzen sich die mächtigen Schaufelräder in Bewegung – heute genauso wie vor 111 Jahren. Am 8. Mai 1909 lief die «Stadt Zürich» vom Stapel; am 12. Juni fuhr sie unter Böllerschüssen und bei strömendem Regen zu ihrer dreistündigen Jungfernfahrt aus. Die Bevölkerung war begeistert – und ist es noch immer: Wie kaum ein anderes Geräusch weckt
das freundliche Hornen des Dampfschiffs ein Gefühl von Freiheit und Nostalgie.
Es erinnert an Schulreisen und unbeschwerte Kindertage, als wir unsere Gesichter fasziniert ans kühle Geländer pressten, um einen möglichst guten Blick auf das rhythmische Auf und Ab der blitzenden Kurbeln und Kolben mit ihren kupfernen Öler-Äuglein zu erhaschen. Auch heute befördert das Dampfschiff die Fahrgäste stilvoll über den See – und lässt damit den Glanz vergangener Zeiten wieder aufleben.
Kaiserliches Vergnügen: Die Blütezeit der Belle Epoque. Gebaut wurde die «Stadt Zürich», ebenso wie die fünf Jahre jüngere «Stadt Rapperswil», von der Zürcher Firma Escher, Wyss & Cie. Mit dem kurzen Schornstein, dem grosszügigen Vorderdeck in der 1. Klasse und der zierlichen Reling unterschieden sich die beiden Zürcher Grandes Dames von den Raddampfern ihrer Zeit. Insbesondere der im Jugendstil ausgestattete Salon der «Stadt Zürich» stiess bei der damaligen Klientel auf Anklang: Möbel und Täfer aus hellbraunem afrikanischem Birnbaumholz, Mahagonifurniere, kunstvolle Schnitzereien und prächtige Teppiche – die Ausstattung war wahrlich eines Kaisers würdig. Und dieser kam dann auch. Am 4. September 1912 beförderte das Dampfschiff mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. (im kleinen Bild rechts) seinen bislang berühmtesten Gast. Der Heizer Jakob Stampfer aus Horgen wurde allerdings noch kurz vor Beginn der festlichen Abendrundfahrt ausgewechselt: denn Feuerwerk und deutsches Bier waren auf dem See erwünscht, kaiserfeindliche Sozialdemokraten eher weniger.
Jubiläum
   08/09



























































































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