Page 18 - ZSG Bordmagazin 2022
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In den frühen Morgenstunden ist es auf dem Werftgelände noch ruhig, die ersten Gäste kommen erst später. In die Stille hinein sagt Dominik Rybacek: «Ich habe ein gutes Leben. Und ich bin sehr dankbar dafür.» Der 40-jährige Deutsche ist bei der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) Matrose, Maschinist, Teamleiter und Vorgesetzter der Deckchefs. Rybacek ist ein fröhlich-herzlicher Mensch,
und man kann sich kaum vorstellen, dass er je etwas anderes gemacht hat als auf dem Zürichsee Gäste zu verwöhnen. Nur bisweilen sieht man einen dunkeln Schatten – manche sagen auch Traurigkeit – in seinen Augen. Das Leben hat ein paar Kerben in sein Gesicht geschlagen. Das kommt nicht von ungefähr. Rybaceks Kindheit in der DDR war geprägt vom Mauerfall und vom Umbruch der folgenden Jahre. Und wer nach 9/11 in der deutschen Marine zu einer Friedensmission am Horn von Afrika in den Krieg der Piraten, Islamisten, Menschenhändler und Drogendealer gerät, erlebt mehr, als einem Einzelnen guttut. Aber Rybacek hatte immer ein starkes Tau, das ihn rettete und ihn mit dem Heimathafen verband: den Eltern, dem Bruder, der ganzen Familie.
«Ich habe ein gutes Leben.
Und ich bin sehr dankbar dafür.»
Traumatisierende Erlebnisse. Vor allem, als er dann vor Somalia zusammen mit Spaniern und Amerikanern Schiffe kontrollierte und monatelang nur mit Splitterschutzweste und durchgeladener Waffe lebte, war die Familie wichtig. «Aber um unsere Position irgendwo zwischen Suezkanal und Kenia nicht
zu verraten, durften wir nur schriftlich mit unseren Lieben verkehren. Und jeder Brief wurde von mehreren Kontrollstellen gelesen, bevor er das Schiff verliess.» Rybacek redet nur zurückhaltend von seinen Erfahrungen am Horn von Afrika. Wenn man insistiert, berichtet der freundliche Mann aber stichwortartig von Kinderhandel, von Toten mit Folterspuren und davon, dass dort alles einen Preis hat. Auch ein Menschenleben. Wie geht man damit um? «Manchmal hatte ich einfach nur noch Heimweh, Albträume und den Wunsch, abzuhauen», sagt Rybacek. «Einige Kameraden von damals sind bis heute traumatisiert und werden die Bilder nie mehr los.»
So leicht, andern eine Freude zu machen. Der Mann aus dem Osten Deutsch- lands hat acht Jahre gedient und dann den Weg vom Meer auf den Zürichsee gefunden. Und ins zivile Leben. «Ich bin jetzt seit 2007 bei der ZSG, und das ist vielleicht die beste, sicher aber die ruhigste Zeit meines Lebens», sagt der mus- kulöse Mann, der mit seiner Freundin in der Nähe von Zürich lebt. In seiner Freizeit und in den Wintermonaten arbeitet er als Fitnesstrainier. Und wenn man
Seit 2007 ist der Deutsche bei der ZSG und fühlt sich in Zürich längst zuhause. «Ich habe hier die vielleicht beste Zeit meines Lebens.»