Page 33 - ZSG Bordmagazin 2022
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   3. Klasse auf den Holzbänken sitzen: Unsere Bänke waren gepolstert!» Viele Erinnerungen fielen dem Schlafbedürfnis des kleinen Walterli zum Opfer, andere sind so präsent, als ob Finkbohner die Fahrt erst gestern gemacht hätte: «In der Innerschweiz, so in der Gegend um Arth Goldau, da leuchteten weiss vom Blust die Kirschbäume – wie ein weisses Meer.» Und noch etwas ist hängen geblieben: «Meine Mutter kaufte mir ein Fläschen Vivi-Kola.»
Die Mitfahrenden redeten vom Ende des Kriegs, von den Männern, die wieder daheim waren und ihrer Arbeit nachgehen konnten. Für viele war diese Fahrt über den See und auf die Rigi so etwas wie ein Test: Ist es wirklich wahr? Ist die Normalität tatsächlich zurück? Kann man wirklich wieder unbeschwert reisen? Funktioniert alles wieder? Und wie es funktionierte: Mit der Rigi-Bahn ging’s auf den Berg und dort, vor dem damaligen Grand Hotel Schreiber, standen Stühle, und der kleine Walter wurde in eine Militärwolldecke gewickelt, denn mit der Nacht kam die Kälte. Und eine neue Erfahrung: «Ich hatte zuvor noch nie so viele Sterne gesehen und sogar ein paar Sternschnuppen waren dabei», erzählt Fink- bohner. Dann hat ihn wohl einmal mehr der Schlaf übermannt, aber als es so weit war, weckte ihn seine Mutter.
«Zunächst war es einfach dunkel und ich wollte schon fast wieder einschlafen. Doch dann realisierte ich, dass jetzt etwas ganz Besonderes im Gang war: Die Menschen um mich herum redeten ganz leise.» Und alle schauten in Richtung Osten. Einige hatten sogar einen Fotoapparat dabei, um alles festzuhalten. Zunächst war da nur ein indifferentes Grau. «Doch dann: sanft und sacht breitete sich die Dämmerung über das Land aus. Das Grau wurde heller und auf einmal tasteten sich die ersten Sonnenstrahlen über die höchsten Berge, die rot auf- leuchteten.» Später im Leben hat Finkbohner einmal ausgerechnet, dass von der Rigi (4) aus bei optimaler Fernsicht über 600 Alpengipfel gesehen werden können. Von Frankreich bis hinüber nach Österreich. Aber eigentlich sei das gar nicht das Wichtigste. «Das, was dich nie mehr loslässt, ist die Geburt des neuen Tages. Wenn aus dem fahlen Grau langsam Licht wird, wenn die Gletscher aufglühen, die Sonnenstrahlen die Welt erfassen, das Dunkel vertreiben und die Erde aufwecken – das ist unbeschreiblich. Wer in solchen Momenten nicht tief in der Seele berührt wird, der hat vielleicht keine.» fb
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   DAWNING OF A NEW ERA
Around 75 years ago, trips to Rigi mountain by boat and train symbo- lised the end of WW2. Walter Finkbohner was on the maiden trip and still remembers the spirit of optimism, the blooming cherry trees and that he was allowed to have a whole sausage to himself for the first time. Reaching the top of Rigi in the early hours, he and his fellow passengers then witnessed the dawning of a new day. On 21/22 May this year, the trip will take place once more, as a one-off for now, and Finkbohner will be on it. zsg.ch
 SONDERFAHRT ZUM SONNENAUFGANG
➞ In Erinnerung an die Sonnenaufgangsfahrten nach dem Zweiten Weltkrieg findet dieses Jahr am 21./22. Mai eine vorerst einmalige Schiffs- und Bahnfahrt auf die Rigi statt. Die Abfahrt am Bürkliplatz ist um 23.30 Uhr. Zwischenhalte und Zusteigemöglichkeiten in Wädenswil und Rapperswil. In Rothenturm und auf der Rigi wird die Fahrt mit Orgel- und Alphornkonzerten untermalt.
➞ zsg.ch
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Bilder: Archiv ZSG, zVg



























































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