Page 18 - Bordmagazin 2023 ZSG
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Noch ist es ruhig im Bauch des Dampfschiffs (DS) Stadt Rapperswil. Fast ehrfürchtig senkt man zwischen glänzenden Messingteilen, unzähligen Messinstrumenten, Röhren, Ventilen, Leitungen und Kurbelwellen die Stimme: Seit 109 Jahren,
also seit dem Bau des Schiffs, hat sich hier unten nicht viel verändert. Jedenfalls nicht für Landratten, die keine Ahnung von Dampfschiffen haben. Eine Land- ratte, das war Sarah Länzlinger auch einmal. Heute ist die 29-Jährige die erste weibliche Dampfschiffmaschinistin der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG).
«Das Wissen über die alten Dampf- schiffe wird von Generation zu Generation mündlich weitergegeben.»
Kommt Zeit, kommt Rat. Anderthalb Stunden dauert es noch bis zur Abfahrt der «Rapperswil», und diese 90 Minuten brauchen die Maschinistin und ihre Maschinen für die Vorbereitung. «Ich liebe dieses Schiff», sagt Sarah. «Wenn man es mit einem Menschen vergleicht, dann ist es wie eine alte, wunderschöne Dame. Lieb, aber eben auch ein bisschen eigenwillig.» Und wohl auch zuwendungs- bedürftig. Auf jeden Fall prüft die Maschinistin alles Mögliche: Wasser- und Ölstand, Pumpen und Filter. Dann nimmt sie die Maschine in Betrieb: «Bei den Motorschiffen geht die Vorbereitung eine halbe Stunde. Bei der alten ‹Rappi› dauert alles ein bisschen länger. Wenn man sie hetzt, funktioniert sie nicht so, wie man es gerne hätte.»
Die junge Frau ging unbeirrt ihren Weg. Sarah Länzlinger wurde am Ober- see, in Rapperswil, geboren. Über den Umweg als Malerin landete sie bei der
ZSG und ging den langen Weg von der Matrosin über die Deckchefin, um dann nach acht Jahren im Maschinenraum zu landen. «Früher dauerte dieser Weg mit allen Ausbildungen 15 Jahre. Und normalerweise wurden nur Männer genommen, die schon eine entsprechende Lehre – etwa als Mechaniker oder Elektriker – hinter sich hatten», sagt sie. Wie kam es denn, dass die ZSG eine Frau und sogar eine ohne entsprechende Voraussetzung genommen hat? «Weil ich unbedingt wollte», sagt Sarah. «Und weil ich das meinen Vorgesetzten und vor allem den alten Seebären im Maschinenraum bewiesen habe.» Die alten Seebären – das sind Männer, die mit Leib und Seele, viel Verstand und noch mehr Intuition und Liebe Schiffe wie das DS Stadt Rapperswil in Schuss bringen und halten. «Ihnen habe ich sehr viel zu verdanken. Ohne sie hätte ich Schulungen und Prüfungen nie geschafft, ohne sie würde ich nie im Leben hier stehen», windet die junge Frau der Crew ein Kränzchen. Aber sie hat auch selbst sehr viel gegeben: «Das Wissen
Ihr Herz schlägt für Schiffsmotoren. Um alles von Grund auf zu ver- stehen, hat Maschinistin Sarah Länzlinger sogar ein eigenes Handbuch darüber geschrieben.
  



























































































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