Page 8 - ZSG Bordmagazin 2024/2025
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Lauter Wahnsinnige ...! Wer auf Facebook oder Instagram nach Christian Bösch und Kitesurfen sucht, kommt fast zwangsläufig zu diesem Schluss. Der inzwischen 44-jährige Zürcher und die Kitesurf-Community fliegen an einem Segel – dem sogenannten Drachen – nicht einfach durch die Luft. Sie machen dabei unglaub- liche Kunstsprünge, sind scheinbar schwerelos, landen halsbrecherisch auf meterhohen Wellen oder schlagen nach einem misslungenen Sprung so hart auf, dass allein das Zuschauen schmerzt.
Und nun steht dieser Wahnsinnige also auf dem Motorschiff (MS) Albis und schaut den Wolken nach, die über den blauen Novemberhimmel von Zürich ziehen: «Um diese Zeit bin ich früher für ein paar Monate an die Wärme geflogen.» An die Sonne – und ans Meer. Denn Bösch, gelernter Schreiner, ist ein Kitesurf- Pionier, der eigentlich am falschen Ort geboren wurde: in Rickenbach ZH, weit weg vom Wasser und von tropischen Temperaturen.
Als sein Hauptsponsor einen Heli für 1000 Dollar pro Stunde mietete, da wusste Christian Bösch, dass er es geschafft hatte.
«Das ist mein Ding.» Er weiss noch ganz genau, wie es angefangen hat: «Vor 24 Jahren habe ich bei der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) als Matrose angeheuert. Kurz darauf las ich einen Artikel über das Kitesurfen und wusste gleich: Das ist mein Ding.» Gesagt, getan. Es folgten zwei Jahrzehnte «on the road» für und mit diesem Sport, den damals hierzulande noch kaum jemand kannte. «Es gab niemanden, der mir das beibringen konnte, sogar das Material war in der Schweiz kaum erhältlich.» Ihm blieb also nichts anderes übrig als learning by doing. «Ich war schon immer jemand, der keine halben Sachen macht. Zwei Jahre später war ich auf dem Silvaplaner-See im Engadin Kitesurf-Lehrer. Kaum schmolz das Eis, surften wir, bis Ende Oktober der erste Schnee fiel.»
Mit einem Freund aus dem Engadin machte er sich dann auch auf an die Strände von Australien und Neuseeland. «Wir lebten äusserst einfach und bescheiden
in einem Bus. Für das nötige Kleingeld arbeitete ich als Küchenhilfe oder Pflücker auf einer Apfelfarm.»
Leben wie ein Zugvogel. Warum hat gerade dieser Sport dem Deckchef so sehr den Ärmel reingenommen? Es fallen Worte wie Adrenalin, die Verschmelzung verschiedener Sportarten, Freiheit, die Liebe zur Natur, Freundschaften, fremde Länder und andere Kulturen. Doch weil das Leben ja nicht nur aus einer Mischung aus Apfelpflücken, Tellerwaschen und Kitesurfen besteht, kam Bösch im
Sommer jeweils zurück in die Schweiz. Er arbeitete als ZSG-Matrose auf dem Zürichsee und machte sich dann jeweils mit den Zugvögeln wieder nach Süden davon. An die schönsten Strände von Venezuela, Hawaii, Brasilien und anderen
Auf dem Wasser und in der Luft zu Hause: Christian Bösch ist einer der erfolgreichsten Schweizer Kitesurfer.